Kranke Zähne schaden ganzem Körper
Medienbericht Neue Luzerner Zeitung 20. Dezember 2004
Eine schlechte Mundhygiene führt zu Paradontitis und - wenn sie nicht behandelt wird - zu einem Verlust der Zähne. Und das ist nicht die einzige negative Folge
Zahnärztin Alexandra Rutar untersucht in der Praxis Frey-Rutar in Luzern eine Patientin
Im Alter von 38 Jahren war bei Verena V aus Zofingen der Zahnfleischschwund bereits so weit fortgeschritten, dass ihre Zähne wackelten. «Jetzt werden Sie jede Woche einen Zahn verlieren», sagte mein Zahnarzt zu mir und öffnete einen schwarzen Koffer mit Gebissen, schildert sie schmunzelnd. Heute, nach rund 20 Jahren, hat sie noch alle ihre Zähne. Dank einer aufwändigen Therapie beim Spezialisten und konsequenter Mundhygiene konnte Verena aber nicht nur ihre Zähne behalten, sie hat auch ihrer allgemeinen Gesundheit etwas Gutes getan. Denn Parodontitis lässt nicht nur das Zahnfleisch schwinden und die Zähne ausfallen, sie kann Diabetes verschlimmern und gilt als Risikofaktor für Herzinfarkt, Hirnschlag und Frühgeburten.
Unterschätzte Gefahr
In der Schweiz leiden 30 bis 40 Prozent der Erwachsenen an Parodontitis, bei 5 bis 7 Prozent ist sie weit fortgeschritten. "Eine unbehandelte oder unerkannte Parodontitis löst Reaktionen im Körper aus, die lebensbedrohlich sein könnten», warnt Niklaus Lang, Professor für Parodontologie in Bern. Die Erkrankung im Zahnbett kann bei vorbelasteten Patienten den berüchtigten Stein ins Rollen bringen. Leider entwickelt sich das Bewusstsein um die Risiken der Parodontitis bei Ärzten und Patienten nur langsam. «Noch niemals hat mir ein Hausarzt oder Diabetologe einen Herzinfarkt-gefährdeten Patienten oder Zuckerkranken zur Zahnbehandlung überwiesen», berichtet Niklaus Lang. Wie aber kann eine Infektion im Zahnbett den übrigen Körper dermassen schädigen? Parodontitis ist eine bakterielle Infektion und chronische Entzündung, die den Körper belastet. Und hier vermuten die Wissenschaftler das Bindeglied zu anderen Erkrankungen. Die Bakterien oder Teile davon geraten über das angegriffene Gewebe am Zahn in den Blutkreislauf. Sie werden zu den vorgeschädigten Organen transportiert und können dort den Zustand verschlechtern. Ausserdem reagieren Patienten mit Veranlagung wahrscheinlich mit einer heftigeren Immunabwehr auf die Infektion im Mund als andere Menschen.
Raucher: gründlich putzen
«Am häufigsten führt schlechte Mundhygiene zur Parodontitis", erklärt Alexandra Rutar, Zahnärztin und Spezialistin SSO für Parodontologie aus Luzern. «Trotzdem können Patienten, die ihre Zähne regelmässig putzen, an Parodontilis erkranken, vor allem wenn sie rauchen, an Diabetes leiden oder eine familiäre Veranlagung besitzen. Zusätzlich beherbergen auch einige Menschen besonders schädliche Bakterien im Mund, die das Risiko für die Zahnfleischentzündung stark erhöhen.» Wenn ein Raucher ausserdem seine Zähne schlecht pflegt, wird er mit noch grösserer Wahrscheinlichkeit an Paradontitis erkranken. Solche Risikopatienten müssen ganz besonders gut auf ihre Zähne achten und häufiger zur Kontrolle gehen. Der Einfluss der Parodontitis auf die allgemeine Gesundheit ist komplex. Wissenschaftler müssen viele Vermutungen erst noch wissenschaftlich belegen. Aber die Hinweise auf die Risiken der Parodontitis werden immer zahlreicher. Und so trägt auch Verena V. heute Sorge zu ihren Zähnen - um sie noch lange zu erhalten und um gesund zu bleiben.
Parodontitis
Bei der Parodontitis befallen Batterien das Gewebe um den Zahn. Sie dringen in die winzigen Zwischenräume zwischen Zahn und Zahnfleisch ein und lösen eine Entzündung aus. Mit der Zeit baut sich das Gewebe ab, das den Zahn im Kieferknochen verankert. Schreitet die Krankheit fort, zieht sich das Zahnfleisch zurück und der Kieferknochen schwindet. Der Zahn wird locker und fällt schliesslich aus. Häufigstes Anzeichen einer Parodontitis ist Zahnfleischbluten. Schmerzen treten meist erst in sehr fortgeschrittenen Stadien und bei Abszessen auf. Vorbeugen
Zähneputzen zweimal täglich. Einmal am Tag gründlich die Zahnzwischenräume mit Zahnseide, Zahnhölzchen oder Zwischenraumbürstchen reinigen. Eine Zahnbürste mit weichen Borsten verwenden und alle sechs Wochen wechseln. Ein- bis zweimal im Jahr zur Dentalhygiene. Rauchen unterlassen oder stark einschränken.